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Jubilaeumsfeier2015 04Die Bissinger Schule auf dem „Bol“ blickt auf ein halbes Jahrhundert zurück. Fünf Jahrzehnte, in der die Bildungseinrichtung nicht nur umgebaut, erweitert, modernisiert und nach dem Wegfall der Hauptschule zum barrierefreien Bildungshaus ausgebaut worden war. Die Geschichte des „Geburtstagskindes“ spiegelt auch eindrücklich die wechselhafte baden-württembergische Bildungspolitik.

Es war ein heißer Sommertag, als am 12. Juni 1965 die neue rund anderthalb Millionen Mark teure Bissinger Grund- und Hauptschule auf dem sogenannten „Schulbuckl“, dem „Bol“, eingeweiht wurde. Mit dem Einzug in das neue Schulhaus gehörte für den damaligen Schulleiter Alfred Hub und sein Lehrerkollegium die Raumnot in der alten Schule der Vergangenheit an. Auf dem „Bol“ stand nun ein zweistöckiger Hauptbau mit einem Pavillon und einem Anbau für die sanitären Räume. Alle drei Komplexe wurden durch einen überdachten Pausengang miteinander verbunden.

Mit den neun Klassenzimmern und den zwei Fachräumen trug die Gemeinde damals einer künftigen schulpolitischen Entwicklung Rechnung. Das neue Schulverwaltungsgesetz sah nämlich neben der Einführung eines neunten Pflichtschuljahres die Bildung von sogenannten  Jahrgangsklassen  für die Hauptschule vor.

Freilich wusste der Schulträger um die Gratwanderung der Anerkennung als Hauptschule. Die Wackelpartie um entsprechende Schülerzahlen der Klassen fünf bis neun hörte erst auf, als nach der Gemeindereform die Weilheimer Schule die Hauptschüler aus der Seegemeinde mangels Platz nicht aufnehmen konnte. Ein glücklicher Umstand für die Bissinger, denn dadurch konnte die Schule im Dorf bleiben, und die Hauptschule erhielt am 21. September 1982 die langersehnte Genehmigung des Kultusministeriums.

Dies zog nun wieder bauliche Auflagen nach sich. Es fehlten fünf Klassenzimmer sowie ein Physik- und ein Musikraum. Außerdem sollte die Schulküche erweitert werden. Auch ein Hausmeisterraum war vonnöten.

Als das Land eine Beihilfe von 605 000 Mark zusagte, nahm die Gemeinde 1985 den Bau des neuen Hauptschultrakts in Angriff. Im November 1987 wurde er eingeweiht. Damit standen den damals 243 Schülern und 21 Lehrern der Bissinger Grund- und Hauptschule 13 Klassen- sowie diverse Fachräume zur Verfügung. Vier Hauptschulklassen wurden im Neubau untergebracht. Außerdem liegen in dem Erweiterungsbau, der mit einem dreigeschossigen Verbindungsgang an den Altbau anschließt, das Foyer, ein Musiksaal und weitere Räume. Kernstück des Trakts ist der Physiksaal. Im Altbau der Schule wurde die Schulküche erweitert und völlig neu eingerichtet. Außerdem wurde die Heizung auf Gas umgestellt, das Gebäude erhielt neue Fenster und eine gründliche Betonsanierung. Im Außenbereich entstand ein Biotop, in den neuen Fahrradständern konnten die Schüler ihre Drahtesel parken und das von dem Bissinger Bildhauer Winfried Tränkner geschaffene Denkmal am Rande des Pausenhofs verdeutlichte „den Weg zur Schrift“.

Auch die zwanzig Jahre alte Schulturnhalle ließ die Gemeinde  1987 erweitern. Auf ihrem Flachdach nahm sie zweiundzwanzig Jahre später eine neue Fotovoltaikanlage mit 25,7 Kilowattpeak in Betrieb.  Die erste Solarstromanlage war bereits 2001 aufs Hallendach installiert worden.

Beim Jubiläumsfestakt „25 Jahre Grund- und Hauptschule Bissingen“ 1990 versicherte Leitender Schulamtsdirektor Günter Schramm noch, eine Hauptschule wie in Bissingen werde auch künftig „eine echte Existenzchance“ haben.  Damals konnte er nicht ahnen, dass Jahrzehnte später erneut die rapide sinkenden Schülerzahlen in der Haupt- und Werkrealschule den Gemeindevätern und Pädagogen Sorgen bereiten würden. Das „Aus“ für die Bissinger Haupt- und Werkrealschule war jedoch 2011 nicht mehr aufzuhalten.

Gemeinde und Bürgervertreter machten gemeinsam mit der Schule das Beste daraus und begriffen den Wandel als Chance. Der Schulstandort Bissingen wurde 2013 neu strukturiert. Für das kommunale „Bildungshaus auf dem Bol“ nach dem Motto „Alles unter einem Dach“ nahm die Gemeinde 1,5 Millionen Euro in die Hand, wobei Bund und Land gut ein Viertel des Betrags zuschossen.

Unter dem Dach des Bildungshauses befinden sich jetzt neben der Grundschule, dem Kindergarten mit zwei Ganztages-Kinderkrippen, der Gemeindehalle und der Ortsbücherei auch eine Mensa und neue Schülerbetreuungsräume. Der ehemalige Hauptschul- und Fachraumtrakt erhielt einen Aufzug und das ganze Schulgelände wurde barrierefrei angelegt. Außerdem ließ die Gemeinde den Brandschutz an die neuesten Anforderungen anpassen.

Zwar drücken nach dem Wegfall der Haupt- und Werkrealschule nur noch rund 100 Kinder die Schulbank – vormals waren es rund 300. Doch Schulleiter Rektor Wolfgang Rose sah die Schule durch die Neustrukturierung gewinnbringend auf die Zukunft ausgerichtet und wertete dies bei der Einweihung des Bildungshauses Mitte Oktober 2014 als Standortvorteil.

Um das Projekt formell überhaupt umsetzen zu können, hatte die Gemeinde bereits zwei Jahre zuvor über das  Staatliche Schulamt beim Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag gestellt, die Haupt- und Werkrealschule aufzuheben und gleichzeitig die Schule als selbständige Grundschule fortführen zu dürfen.

Waren die baulichen Veränderungen auf dem „Schulbuckl“ das Augenfälligste in den vergangenen fünf Jahrzehnten, so darf doch nicht übersehen werden, dass eine engagierte pädagogische Arbeit den „Geist der Schule“ und damit auch ihr Image in der Öffentlichkeit  prägt. Dies belegen vielerlei Aktivitäten der Schulleitungen, des Lehrerkollegiums und der Schüler außerhalb des normalen Unterrichts. Stichwortartig seien hier genannt die Orientierung in Berufsfeldern O.i.B., die 14-tägigen Betriebspraktika, die enge Kooperation mit den Kindergärten, der Schulsportwettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“, Ausstellungen in der Schule, die erfolgreiche Teilnahme der Grundschule beim „Olympischem Zehnkampf“ im Schulamtsbezirk Nürtingen, die Aufführung des Musicals „Schabernackl“ des Kinder- und Schulchors, die verschiedenen Projekttage, die Teilnahme der Hauptschule am Projekt „Zeitung in der Schule“, die erfolgreiche Teilnahme von Hauptschulklassen an der Nichtraucher-Kampagne des Landkreises, die Frederick-Wochen an der Schule mit verschiedenen Lesungen von Kinderbuchautoren, das Schulprojekt „Bissinger Kinder helfen“, die Bildungspartnerschaft der Hauptschule mit einer Bissinger Firma, die Partnerschaft zwischen der Grundschule und der Bodelschwingh-Schule Nürtingen und die Aktion Vorlesepatin.

Neben ihrem „Tagesgeschäft“ und den Aktivitäten außerhalb engagierte sich die Grund- und Hauptschule Bissingen in den 90er Jahren und darüber hinaus auch als  Ausbildungsschule für das Staatliche Seminar Nürtingen und das Pädagogische Fachseminar in Kirchheim.

Getragen und gefördert wurde besagter „Schulgeist“ hauptsächlich von vier Männern an der Spitze der Bildungseinrichtung. Jeder auf der ihnen eigene Art und Weise. Im wahrsten Sinn des Wortes ein Mann beziehungsweise ein Pädagoge der „alten Schule“ war Schulleiter Alfred Hub. Er durfte 1965 mit seinem Lehrerkollegium und den Schülern der drangvollen Enge des alten Gebäudes in der Vorderen Straße entfliehen und in den Neubau auf dem „Bol“ umziehen. Dort wurde er nach 48-jähriger Lehrertätigkeit im März 1968 verabschiedet.

Im selben Monat trat Hubs Nachfolger, Schulleiter Walter Bizer, sein neues Amt an. Bizer kam als Lehrer 1964 nach Ochsenwang, und wurde von dort 1967 nach Bissingen versetzt, als die einklassige Schule in Ochsenwang an Bissingen angegliedert wurde. Rektor Bizer vollzog den Wandel von der Dorfschule zur lebendigen, leistungsfähigen Grund- und Hauptschule und öffnete sie nach außen hin. Erinnert sei dabei an die Beziehungen zur Nürtingen Grundschule in Berlin-Kreuzberg und an seine pädagogische Betreuung des Schullandheims Lichteneck. Walter Bizer wurde als Schulleiter im Juli 1990 in den Ruhestand verabschiedet. Er habe Widerwärtigkeiten der Schulpolitik hinnehmen müssen, sagte er damals. Erst in den 80er Jahren hätte es für die Pädagogen wieder neue Möglichkeiten im Rahmen der Selbstverwaltung und –gestaltung gegeben wie das Erweitere Bildungsangebot (EBA), Projekttage und vieles mehr. Besonders lag ihm das musische Tun am Herzen.

Bizers Konrektor Ekkehart Goebel wurde als Schulleiter im September 1990 in sein Amt eingeführt. Ihm fiel während seiner Amtszeit die undankbare Aufgabe zu, seine Kolleginnen und Kollegen beurteilen zu müssen. Was zuvor die Aufgabe der Schulräte war, ließ das Kultusministerium nun die Schulleiter ausführen. Weitere Segnungen „von oben“ wie die Vergabe von Leistungsstufen, der unterrichtsfreie Samstag kamen hinzu. Dann hielt der Computer Einzug und die Schulen gingen ans Netz. Im Schulamt und in der Gemeinde ist Ekkehart Goebel bekannt als eine individuell geprägte Persönlichkeit, die offen, gerade und ehrlich auf die Menschen zugeht. Er plädierte stets dafür, die Kinder zu freien, verantwortungsvollen mündigen Bürgern zu erziehen. Der beliebte Pädagoge wurde im Juli 2004 nach 43 Dienstjahren, davon 13 Jahre als Konrektor und 14 Jahre als Schulleiter der Bissinger Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule, in den Ruhestand verabschiedet. Damit ging eine Ära zu Ende.

Als Goebels Nachfolger wurde Rektor Wolfgang Rose im Dezember 2004 in sein Amt eingesetzt, fünf Monate nach seinem faktischen Amtsantritt. Rose trat für eine Vertrauen  schaffende Bildungskultur ein, in der die Eltern mit eingebunden sind. Er kehrte in einer Zeit großer bildungspolitischer Änderungen in die Schule zurück, in der er sich seine ersten Sporen als Junglehrer verdiente. Ihm oblag es, gemeinsam mit seinem Lehrerkollegium und den Eltern sowie in einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung und den Bürgervertretern nach dem Wegfall der Hauptschule die Bissinger Bildungseinrichtung neu für eine glückliche Zukunft auszurichten.

- Richard Umstadt -

 

Impressionen des Schuljubiläums

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